Fachagentur Nachwachsende RohstoffeEin Projektträger des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft

 

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Artenvielfalt in Wäldern ermitteln

Monitoringsystem erfasst Auswirkungen der Waldbewirtschaftung

Wie unterscheidet sich die Biodiversität bewirtschafteter von unbewirtschafteten Wäldern? Diese Frage stand im Mittelpunkt des Forschungsvorhabens WABI. Darin wurde ein Monitoringsystem erarbeitet, das erstmals eine verlässliche Einschätzung der Effekte forstlicher Nutzung auf Landschaftsebene ermöglicht. Das Vorhaben wurde vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) aus dem Förderprogramm „Nachwachsende Rohstoffe“ gefördert.

Kaum ein Thema wird in Forstkreisen so leidenschaftlich diskutiert wie die Auswirkung der Waldbewirtschaftung auf die Biodiversität – die biologische Vielfalt. Denn der weltweite Artenrückgang ist unbestritten. Dass dies im Wald aber nicht zwangsläufig auf die Bewirtschaftung zurückzuführen ist, zeigen Studien, die in Buchenwirtschaftswäldern keine geringere Artenvielfalt fanden als in Naturwäldern.

Waldbewirtschaftung und Biodiversität – WABI

Aber wie unterscheiden sich bewirtschaftete und unbewirtschaftete Wälder in ihrer Biodiversität? Gibt es Arten, die nur in Schutzgebieten vorkommen oder können alle Arten auch in bewirtschafteten Wäldern erhalten werden? Um diese Fragen fundiert zu beantworten und die Beziehung zwischen Waldstrukturen, Standort und Artenvielfalt besser zu verstehen, starteten die Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie der Georg-August-Universität Göttingen und die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt vor vier Jahren das Verbundvorhaben WABI. Kooperationspartner waren die deutschen Landesforstbetriebe, die Bundesforsten und die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung.

Ziel: Monitoringsystem für Biodiversität

In dem Vorhaben entwickelten die Partner ein Konzept für ein Monitoringsystem zur Untersuchung des Einflusses der Waldbewirtschaftung auf die Biodiversität in Wäldern (WABI). Das Konzept zielt vor allem auf die Landschaftsebene ab, um auch die großräumigen Effekte, die durch das Verteilungsmuster unterschiedlich strukturierter Waldbestände entstehen, quantifizieren zu können.

Zunächst nahmen die Forschenden 85 Studien unter die Lupe und ermittelten daraus 410 Zusammenhänge verschiedener Strukturmerkmale von Wäldern und der Artenvielfalt unterschiedlicher Artengruppen. Mit einer zusätzlichen Expertenbefragung gewannen sie daraus Strukturmerkmale (Driver-Indikatoren) wie Gelände, Charakteristika des lebenden Bestands, Totholz, Biotope und Standorteigenschaften, die für ein Monitoring geeignet sind.

Indikatoren ermitteln

In einem weiteren Verfahren überprüften sie die Zusammenhänge zwischen Strukturmerkmalen und ausgewählten Artengruppen (z.B. Arthropoden, Flechten, Moose, Vögel, Pilze, Gefäßpflanzen, Fledermäuse) und ermittelten daraus Artengruppen (State-Indikatoren), anhand derer ein Biodiversitätsmonitoring aufgebaut werden könnte. Auch die Kriterien Machbarkeit, Effizienz und Kenntnisstand wurden einbezogen, um die am besten geeigneten Artengruppen auszuwählen.

Praxistest im Naturwaldreservat „Weserhänge“

Die Verfahrenskomponenten der Wald- und Biotopstrukturaufnahmen wurden schließlich im WABI-Pilotgebiet „Weserhänge“ im hessischen Forstamt Reinhardshagen auf ihre Praktikabilität und Datenqualität getestet. Zudem prüfte die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung als Forschungs- und Entwicklungspartner die Verwendbarkeit des Meta-Barcoding zur genetischen Bestimmung von Insekten.

Auf Basis der Erfahrungen wurde abschließend ein Vorschlag für ein Biodiversitätsmonitoring entwickelt, mit dem erstmals unter mitteleuropäischen Verhältnissen die Auswirkungen der Waldbewirtschaftung auf die Biodiversität auf Landschaftsebene objektiv abschätzbar sind. Das Monitoring kann einen wichtigen Beitrag zur Versachlichung der Diskussion über die Auswirkungen der Waldbewirtschaftung auf die Artenvielfalt liefern. Damit hat das Projekt einen Weg gezeigt, wie sich die Leistungen genutzter und ungenutzter Wälder im Hinblick auf den Biodiversitätsschutz quantifizieren lassen.

Projektinformation:
Verbundvorhaben: Einfluss der Waldbewirtschaftung auf die Biodiversität in Wäldern (Akronym: WABI)

Teilvorhaben 1: Expertenworkshops und Ableitung von Indikatoren für das Monitoringsystem; Georg-August-Universität Göttingen - Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie - Abt. Räumliche Strukturen und Digitalisierung von Wäldern
https://www.fnr.de/index.php?id=11150&fkz=22011418

Teilvorhaben 2: Konzeption und Erprobung eines Monitoringsystems zur Abschätzung der Effekte der Waldbewirtschaftung auf die Biodiversität von Waldlandschaften; Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt - Abt. Waldnaturschutz
https://www.fnr.de/index.php?id=11150&fkz=22011518

Weitere Informationen:

Zeller et al. 2022. Index of biodiversity potential (IBP) versus direct species monitoring in temperate forests. https://doi.org/10.1016/j.ecolind.2022.108692

Zeller et al. 2023. What does literature tell us about the relationship between forest structural attributes and species richness in temperate forests? – A review. https://doi.org/10.1016/j.ecolind.2023.110383

Keye et al. 2024. Adaptive monitoring in action—what drives arthropod diversity and composition in central European beech forests? https://link.springer.com/article/10.1007/s10661-024-12592-4

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Bild 1 - Baumsturzlücke Weserhänge - Bild: Marcus Schmidt, NW-FVA
Die Verwendung dieses Bildes ist für redaktionelle Zwecke honorarfrei. Veröffentlichung bitte unter der Quellenangabe "Marcus Schmidt, NW-FVA"

Bild 2 - Blick Weserhänge - Bild: Marcus Schmidt, NW-FVA
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PM 2024-54

Baumsturzlücken tragen zur Struktur- und Artenvielfalt in Wäldern bei. Bild: Marcus Schmidt, NW-FVA

Baumsturzlücken tragen zur Struktur- und Artenvielfalt in Wäldern bei. Bild: Marcus Schmidt, NW-FVA

Blick auf das Testgebiet des Forschungsvorhabens WABI: Die Weserhänge im Reinhardswald. Bild: Marcus Schmidt, NW-FVA)

Blick auf das Testgebiet des Forschungsvorhabens WABI: Die Weserhänge im Reinhardswald. Bild: Marcus Schmidt, NW-FVA)