Fachagentur Nachwachsende RohstoffeEin Projektträger des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft

 

Aktuelle Nachricht

Damit torffreie Erden nachhaltig sind

Internationales Zertifizierungssystem für Torfersatzstoffe in Entwicklung

Die Meo Carbon Solutions GmbH entwickelt und etabliert bis 2026 ein Zertifizierungssystem für Torfersatzstoffe. Das Vorhaben wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) finanziert und über die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) begleitet.

Torf, noch immer wichtiger Bestandteil vieler gärtnerischer Substrate und Erden, soll durch klimafreundlichere Rohstoffe ersetzt werden. Holzfasern, Kompost, Rindenhumus und Reststoffe aus der Kokosindustrie sind bislang die wichtigsten Torfalternativen. Sie werden zum Teil international gehandelt, wobei die Mengen künftig voraussichtlich stark steigen.

Flachsschäben, Miscanthusstroh, Reisspelzen, Hanf- und Palmfasern, Pflanzenkohle, Biomasse aus Paludikulturen (Schilf, Torfmoose und andere nässeliebende Pflanzen von wiedervernässten Moorböden), Gärreste aus Biogasanlagen, Reststoffe aus der Kaffeeverarbeitung oder Schafwolle eignen sich ebenfalls grundsätzlich als Substrat.

Damit alle Marktteilnehmer vom erdenherstellenden Unternehmen bis zu Gärtnerinnen und Gärtnern sicher sein können, dass diese Torfersatzstoffe nachhaltig sind, entwickelt und etabliert Meo Carbon Solutions bis 2026 ein internationales Zertifizierungssystem. Es soll vor allem die Aspekte Ökologie, Soziales und Klimaschutz abdecken und sicherstellen, dass für die Ersatzstoffe kein Wald gerodet oder übernutzt wurde und bei ihrer Herstellung keine Kinderarbeit im Spiel war. In puncto Klimaschutz wird das System ermöglichen, die Treibhausgas(THG)-Einsparung der Ersatzstoffe gegenüber denen von Torf einheitlich zu beziffern. Die Berechnungsmethodik dafür entwickelt Meo in Abstimmung mit dem Thünen-Institut für Agrartechnologie, das im Rahmen des Projektes MITODE (https://www.thuenen.de/de/bw/projekte/minderung-des-torfeinsatzes-in-deutschland-mitode/) bereits zur Ökobilanzierung von Torfersatzstoffen arbeitet. Meo selbst bringt durch sein System ISCC (International Carbon Certification System) zur globalen Zertifizierung von Agrarrohstoffen große Erfahrungen mit. Bei ISCC kommt u. a. Satellitentechnik zum Einsatz, um Rodungen aus der Ferne zu erkennen. Diese Kenntnisse will Meo auch für die Kontrolle der Torfersatzstoffe nutzen.

Das Projekt gliedert sich in drei Phasen:

  • In der ersten, aktuell laufenden Phase, analysiert Meo die Torfersatzstoff-Märkte und deren Nachhaltigkeitsrisiken und entwickelt in einem Multistakeholder-Ansatz ein Konzept für die Zertifizierung. Daran beteiligt sind Umwelt- und soziale Organisationen, Wissenschaft, Substrat- und Komponentenhersteller sowie Zertifizierungsstellen. 
  • In Phase zwei wird der entwickelte Ansatz im Rahmen von Pilotprojekten in Europa und Übersee auf seine Praxistauglichkeit geprüft und optimiert.
  • Die dritte und letzte Phase zielt schließlich darauf, die Zertifizierung in den Regelbetrieb zu überführen und dafür die entsprechenden Systeme aufzubauen.

Läuft alles nach Plan, können Gärtnerinnen und Gärtner im Erwerbs- und Hobbymarkt spätestens ab 2026 Substrate mit einem entsprechenden Nachhaltigkeitssiegel kaufen.

Hintergrund:

Torfminderung:
Torf ist die Vorstufe von Braunkohle, entstanden durch die Ablagerung unvollständig zersetzter Pflanzen in Mooren. Abbau und Nutzung von Torf setzen große Mengen CO2 frei, deshalb hat die Bundesregierung in ihrem Klimaschutzprogramm 2030 Maßnahmen zum Torfausstieg beschlossen: Im Hobbygartenbau wird in den nächsten Jahren ein vollständiger, im Erwerbsgartenbau ein weitgehender Torfausstieg angestrebt. Nach Angaben des Industrieverbandes Gartenbau lag der Torfanteil in Blumenerden für den privaten Gartenbau 2021 in Deutschland bei 48 Prozent, in Substraten für den Erwerbsgartenbau bei 78 Prozent.

Zertifizierungsmethodik:
Generell gibt es bei der Zertifizierung von Rohstoffen verschiedene Methoden: Bei der sogenannten Segregation wird die nachhaltige von der nicht-nachhaltigen Ware entlang der gesamten Lieferkette physisch getrennt. Die Herkunft der Rohstoffe lässt sich vom Ende der Produktionskette bis zum Ursprungserzeuger zurückverfolgen. Dies ist beim zweiten Modell, dem sogenannten Massenbilanzmodell, nicht der Fall. Bei der Massenbilanzierung dürfen die Beteiligten der Kette beide Warenströme mischen, Kontrollen stellen jedoch sicher, dass am Ende nicht mehr nachhaltige Ware entnommen als am Anfang tatsächlich in den Markt eingespeist wird. Der Käufer kann sich dabei nicht sicher sein, selbst tatsächlich nachhaltig produzierte Rohstoffe zu erhalten, durch seine Nachfrage trägt er jedoch dazu bei, dass der Anteil zertifizierter Ware am Markt insgesamt steigt.

Welche der beiden Optionen im Zertifizierungssystem zum Tragen kommen soll, wird gemeinsam mit den Stakeholdern, also den am Projekt beteiligten Unternehmen und Interessengruppen, erörtert und entschieden.

Pressekontakt:
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V.
Nicole Paul
Tel.: +49 3843 6930-142
Mail: n.paul(bei)fnr.de

PM 2022-36

 

Holzfasern: Sie stammen in der Regel aus Europa. Ein Nachhaltigkeitsrisiko besteht in der Übernutzung von Wäldern, bei Importen lässt sich die Nachhaltigkeit nicht immer einfach überprüfen.

Holzfasern: Sie stammen in der Regel aus Europa. Ein Nachhaltigkeitsrisiko besteht in der Übernutzung von Wäldern, bei Importen lässt sich die Nachhaltigkeit nicht immer einfach überprüfen.

Kokosfasern und Kokosmark: Diese Reststoffe fallen bei der Verarbeitung von Kokosnüssen vor allem in Asien sowie ferner auch in Lateinamerika an. Teilweise stehen die Arbeitsbedingungen in der Kritik. Indien hat die Anbaufläche in den letzten Jahren stark ausgeweitet, dies erhöht das Risiko von Landnutzungsänderungen, etwa durch Rodung von Urwäldern.

Kokosfasern und Kokosmark: Diese Reststoffe fallen bei der Verarbeitung von Kokosnüssen vor allem in Asien sowie ferner auch in Lateinamerika an. Teilweise stehen die Arbeitsbedingungen in der Kritik. Indien hat die Anbaufläche in den letzten Jahren stark ausgeweitet, dies erhöht das Risiko von Landnutzungsänderungen, etwa durch Rodung von Urwäldern.

Kompost aus Grüngut: In Deutschland gibt es mehrere hundert Grüngut-Kompostierungsanlagen, die regional allerdings sehr unterschiedlich verteilt sind. Das Rohstoffpotenzial ist noch nicht vollständig erschlossen – mancherorts könnte Grünschnitt aus Gärten und öffentlichen Grünanlagen noch systematischer eingesammelt werden. Wenn Kompost nicht aus der Region stammt, schlagen das hohe Gewicht und hohe Transportemissionen negativ zu Buche.

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